Immer wieder tauchten in Chile von der Diktatur hinterlassenen Massengräber auf. Die Anthropologin Daniela Leiva sucht nach „Verschwundenen“.
taz: Frau Leiva, Sie arbeiten als forensische Anthropologin. Was ist Ihre Aufgabe?
50 Jahre Putsch in ChileDer Text ist am 8. September 2023 als Teil einer achtseitigen Chile-Beilage in der taz erschienen. 50 Jahre ist es her, dass in Chile ein von den USA unterstützter Militärputsch am 11. September 1973 der demokratisch gewählten Regierung des Sozialisten Salvador Allende ein jähes Ende setzte. Mehr als 3.000 Menschen kamen während der folgenden Diktatur ums Leben, noch mehr wurden inhaftiert, gefoltert und ins Exil getrieben.
Nein, aber immerhin können die Familien so vielleicht abschließen. Viele forensische Anthropolog*innen entscheiden, dass die Familien nicht an der Bergung der menschlichen Überreste teilnehmen sollen. In meinem Team finden wir aber, dass es ein wichtiger Teil der Wiedergutmachung ist, wenn die Familien teilhaben können – sofern sie das möchten.
Im Grunde ja. Allerdings herrscht wenig Vertrauen diesbezüglich in die staatlichen Institutionen. In den Neunzigerjahren wurden im Norden des Landes sowie auf einem Friedhof in Santiago Massengräber gefunden. Damals gab es keine Spezialist*innen in Chile, die qualifiziert gewesen wären, diese Identifizierungen durchzuführen. Es wurden viele Fehler gemacht und Leichen falsch identifiziert, an ihre Angehörigen übergeben.